Collegium Europaeum Jenense

1993 kam es zu Kratschmers erster Begegnung mit dem Collegium Europaeum Jenense. Er richtete die Reihe Inter-nationale Jenaer Poetik-Vorlesungen ein. Das Projekt sollte „Literatur zu Beförderung der Humanität" heißen, an Herders Geist von vor zweihundert Jahren anknüpfen und dessen Aktualität überprüfen. Kratschmer lud hierzu Schriftsteller ein, die Erfahrungen mit dem Schreiben in Diktaturzeiten gemacht, sich behauptet und mitgeholfen haben, hinterm Eisernen Vorhang eine geistige Atmosphäre zu schaffen, unter der es den Diktatoren zunehmend schwieriger geworden war, kri-tischen und aufrührerischen Geist zu unterdrücken.

Jürgen Fuchs, 1976 aus politischen Gründen von der Jenaer Uni geext, in Stasihaft verbracht und schließlich nach Westberlin verkauft, hielt im Juni 1993 die erste Vorlesung zum Thema "Poesie und Zersetzung". Er schaltete eine Ver-bindung zu Familie und Stiftung Heinrich Böll, die sich bereit erklärten, diese Vorlesungsreihe ideell und finanziell zu för-dern. Nach 1998 verhalf die Kulturförderung der Deutschen Bank zu weiteren Veranstaltungen:

•  1997 das Schriftsteller-Colloquium „Literatur+Diktatur" mit dem Internationalen PEN und 45 Autoren aus 12 Ländern
•  1998 die Festveranstaltung zur Vergabe des Gryphius-Preises an Milo Dor und Ludvík Kundera
•  2000 die Buchreihe „gerettete texte" mit von Diktaturen unterdrückten literarischen  Werken
•  2000 das Symposium zum 50. Geburtstag von Jürgen Fuchs (kurz nach dessen tragischem Tod)
•  2001 Grafikausstellungen der litauischen Künstlerin Adasa Skliutauskaité in Jena, Saalfeld und Ranis.


s. Ulrich Zwiener: Zwischen gestern und morgen. Jenaer Begegnungen. Jena, 1998, S. 61-67
s. Edwin Kratschmer (Hg.): Ulrich Zwiener – 
Weltbürger und Visionär. Jena, 2002, 64 S.