Edwin Kratschmer: Das ästhetische Monster Mensch.
Fragmente zu einer Ästhetik der Gewalt. 12 Essays
Peter Lang Verlag Frankfurt/Berlin/Bern/New York 2002, 320 Seiten. ISBN 3-631-39580-9

Ästhetik ist längst nicht mehr die sterile Lehre vom Ideal-Schönen. Seit Alters her hat in praxi neben ihr sowieso immer gegolten: "Schön" ist, was Lust auslöst und Genuss verspricht. Spätestens seit de Sade ist selbst die grausamste Sünde literarisch salonfähig.
Im 20. Jahrhundert hat sich die Ästhetik als philosophische Lehre jedoch zu einer Phänomenologie aller nur möglichen Lüste und Gelüste und eines hemmungslosen Genießens entwickelt, die Täter und Opfer in Kauf nimmt und selbst vor Massenmord nicht Halt macht. Der orgiastische Genuss hat sich als nahezu unendlich steigerbar erwiesen. Damit sind jeder Art, Ab-Art und Abject-Art die Tore in die Freiheit weit geöffnet. Gebote, Gesetze und Verbote können willkürlich gesetzt werden. Infernalische Bosheit und zynische Hingabe an das Obszöne und Böse und selbst der inszenierte Lustmord sind kunstwürdig. Der Künstler ist Schöpfer ohne Scham und Schranke. Die Uralt-Forderung der Ästhetik nach Harmonie ist längst im Gebrüll der Ekstase untergegangen.
Die 13 Essays entstanden aus einer Vorlesungssreihe, die 1998 an der Universität Jena gehalten wurde. Ihr liegen folgende Vorträge zugrunde: Das ästhetische Monster Mensch • Die Gewalt des Wortes • Die Crux mit den Meisterdenkern • Der Terror des "Schönen" • Der Triumph des Bösen • Die Würmer der Angst • Die mörderische Ordnung • Die Lust auf Krieg • Das Feuer des Fanatismus • Die Wucht des Hasses • Das Gelächter zum Tode • Die Schranke im Kopf • Ästhetik der Einmischung

"Das ästhetische Monster Mensch ist das Buch eines Moralisten. In sokratischer Manier beschreibt Kratschmer kritisch unser seelisches, soziales und künstlerisches Verhalten – so kritisch, dass es verstört. Man bekommt Gänsehaut beim Lesen. Gleichzeitig ist die Formulierungslust des Autors hinreißend. Wen Kratschmer auf kunstvolle Weise so entsetzlich beschreibt, ist der Mensch mit seiner Lust, alle Gewalt ästhetisch zu verbrämen. Die Geschichte, auch die der Literatur, ist für den Autor ein wüster Horrortrip..."
Prof. Dr. Gabriele Eckart,
http://de.wikipedia.org/wiki/Gabriele_Eckart