Edwin Kratschmer: Das poetische Schaffen Jugendlicher in der DDR
Unveröff. Dissertation. Leipzig 1969, 422 Seiten

Basierend auf der Untersuchung von 1376 Gedichten und einer Umfrage unter 763 Schülern und Studenten, ist diese Dissertationsschrift die einzige umfassende wissenschaftliche Untersuchung des poetischen Schaffens Jugendlicher in der DDR. Sie wurde den Sektionen Literaturwissenschaft und Psychologie vorgelegt und mit magna cum laude bewertet.

Kratschmer kam dabei zu folgenden Thesen:

  • Jugendgedichte reflektieren Persönlichkeitsproblematik in ontogenetischer Stufung. Der Ontogenese entspricht eine "Poetogenese" (einem von K. eingeführten, definierten und belegten Begriff).
  • Wer schreibt, reguliert ein Bedürfnis. Jugendgedichte liefern Aufschlüsse über die Bedürfnisse, Gedanken und Einstellungen Jugendlicher. Als Katalysator (Gedankenartikulator, Problemtransporter und Stimmungsträger) haben Jugendgedichte den Wert von Dokumenten.
  • Wer schreibt, offeriert sein literarisches Niveau. Jugendgedichte sind Abbild einer lyrikästhetischen Qualifikation. Jugendlichen ist die Aussage wichtiger als die Form.
  • Talent offenbart sich als übermäßiges Interesse. Intensives Lyrikinteresse kündigt poetische Begabung an.
  • Begabung ist eine bio-soziale Kategorie. Die Poetogenese ist abhängige Variable folgender Begabungshierarchie, aus der sich die spezifische poetische Begabung entfaltet: Allgemeine Begabung > Begabung zur Kreativität > Künstlerische Begabung > Literarische Begabung > Poetische Begabung.
  • Jugendgedichte zeigen eine signifikante Differenzierung hinsichtlich ihrer Geschlechterposition.
  • Etappenspezifische Querschnittsvergleiche offenbaren die individuelle Begabungshöhe.
  • Längsschnittvergleiche offenbaren die Entwicklungshöhe einer Begabung.