Edwin Kratschmer: Deutsche Lyrik im Totalitarismus des XX. Jahrhunderts.
Ein Beitrag zur Phänomenologie der DDR-Lyrik
edition mk, Jena, 1993, 352 Seiten

Der Autor fordert interessierte und aufgeschlossene Leser heraus, mit ihm über bestimmte Sachverhalte des DDR-Kulturbetriebs nachzudenken, bestimmte Situationen, Meinungen und Klischees zu überdenken. Weite Teile des Buches lagen bereits zu DDR-Zeiten vor, ohne dass sie bis 1989 die Chance hatten, veröffentlicht zu werden.
Am Beispielfall Lyrik soll auf bestimmte Mechanismen hingewiesen werden, wie Diktatur funktioniert, wie sie sich dank ihrer Apologeten verhält und erhält und ihre Widersacher ausschaltet; wie Autoren kulturpolitisch und geheimdienstlich kategorisiert wurden in förderungswürdige, in zu duldende und in zu liquidierende Autoren.
Diese Studie ist ein Versuch transparent zu machen, wie Autoren, existenziell oft hart bedroht, über die Stufen Blendung – Skepsis – Katharsis – Selbstbehauptung – Weigerung ihre Wege und Auswege suchten, während andere gutgläubig, widerwillig, ängstlich oder starr die Diktatur bedienten. Sie will die Sprache der Macht, ihre Suggestivkraft, ihren Hammer-, Trommel- und Verführungseffekt erkennbar machen helfen, auf totalitäre Redestrukturen und -figuren verweisen, die Sprache in der Diktatur offen legen am Wort, dessen sie sich bedient, aber auch am Gegenwort, das sie provoziert hat.